Täterhaftung von Plattformbetreibern - OLG Nürnberg
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat sich in seinem aktuellen Urteil vom 1. August 2023 (Az.: 3 U 2910/22) mit dem Thema der Täterhaftung von Plattformbetreibern auseinandergesetzt und die Grundsätze auf Betreiber von Online-Handelsplattformen übertragen.
Die Beklagte betreibt eine Online-Handelsplattform, auf der sich Dritte als Händler registrieren und Waren zum Verkauf anbieten können. In dem zu entscheidenden Fall bot ein Verkäufer auf der Plattform Fernsehgeräte an, die mit Produktbildern versehen waren. Diese Produktbilder zeigten das Bildwerk „Manhattan Bridge“ und dienten damit lediglich dekorativen Zwecken – beworben werden sollten die Fernseher. Der Kläger, der Urheber des Bildes ist, jedoch in dem Angebot auf der Plattform nicht als solcher benannt wurde, verklagte daraufhin die Betreiberin der Online-Handelsplattform, und nicht den Verkäufer selbst, unter anderem auf Schadensersatz.
Vorangestellt sei, dass das Gericht eine Haftung der Betreiberin der Plattform als „mittelbare Verletzerin“ bejahte.
Zur Begründung verwies das Gericht auf die Rechtsprechung des EuGH zu der täterschaftlichen Haftung von Plattformbetreibern, wonach eine solche vor allem bei Vorliegen einer der folgenden drei Fallgruppen in Betracht komme:
- Der Plattformbetreiber weiß oder müsste wissen, dass über seine Plattform geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden und ergreift nicht die geeigneten technischen Maßnahmen, um diese Zugänglichmachung zu unterbinden;
- der Plattformbetreiber beteiligt sich selbst an der rechtswidrigen, öffentlichen Zugänglichmachung oder fördert diese; und vor allem
- der Plattformbetreiber wird vom Rechteinhaber darauf hingewiesen, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wird und ergreift nicht unverzüglich die geeigneten Mittel, um dies zu verhindern.
Hier kam es entscheidend auf die dritte Fallgruppe an, die auch auf den Betreiber von Online-Marktplätzen übertragbar ist. Die Urheberrechtsverletzung der Betreiberin ist also nach einer zweistufigen Prüfung zu bejahen: Zunächst muss ein Hinweis des Urhebers erfolgt sein, dann müsste ein Unterlassen vorliegen. Obwohl also die Aufgabe eines Online-Marktplatzes die Zusammenführung von Käufern und Verkäufern und nicht etwa die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten ist, lassen sich diese Anforderungen übertragen.
Das Gericht weist auch darauf hin, dass für Verletzungshandlungen, die nach dem 1. August 2021 erfolgten, das neue Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz Anwendung findet.
Fazit: Das Oberlandesgericht stellt in der Entscheidung lehrbuchmäßig die Haftungsgrundsätze von Betreibern von Online-Marktplätzen dar. Daneben ist die Entscheidung auch deshalb lesenswert, als sie sich zur Frage des Nachweises der Urheberschaft anhand von Indizien äußert.
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(Rechtsanwältin Jana Bergmann)